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NICOLAS DAUTRICOURT & JUHO POHJONEN 43

Erkennen Sie sich in einer Violinentradition wieder?

N.D.:

Ich habe mir die Frage der Tradition nicht gestellt. Ich höre viel Musik, jede

Musikart, aber gebe zu, dass ich nur wenige Interpreten und Platten in diesem

Repertoire gehört habe. Meiner Meinung nach ist das Prinzip der Violinenschule

einschränkend.

Ich entschlüssele also die Musik, oft zunächst auf dem Klavier, noch vor der Geige.

Dann spiele ich sie, wie ich sie fühle. Bei gutemGesang wird auch die Musik schön,

empfahl Haydn seinen Schülern. Mein Sinn für Musik wurde durch Zuhören,

Untersuchen und Praxis einer extrem breiten und kontrastreichen musikalischen

Materie geprägt. Heute vertraue ich auf meine Fähigkeit, all diese Kenntnisse und

Emotionen zusammenzufassen, um Musik darzubieten und sie nicht für mich

auszunutzen. Seien wir ehrlich: Wenn man die Musik, die ich spiele, mag, ist mir

gleich, ob man meine Geige erkennt.

Sie wurden von András Schiff unterrichtet. Hat Sie eine besondere

Klavierschule geprägt?

J.P.:

Ich hatte das Vergnügen, BachsWerk mit András Schiff zu erlernen. Ich denke,

dass er ein Spiel mit herrlicher künstlerischer Freiheit gefunden hat. Eine Freiheit,

die immer authentisch erscheint, was eine große Inspirationsquelle für mich

bleibt. Andererseits beanspruche ich keinen Stil und keine Klavierschule für mich.

Und wenn ich hier und da beeinflusst wurde, dannmeist von Interpreten, die keine

Pianisten sind.