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102 BRAHMS_DAS GESAMTWERK FÜR KLAVIER

Wie Minerva,

gleich vollkommen gepanzert

aus dem Haupte

des Kronion entspringend

Ich dachte, (…) es würde und müsse (…) einmal plötzlich Einer erscheinen, der den

höchstenAusdruckderZeitinidealerWeiseauszusprechenberufenwäre,einer,deruns

die Meisterschaft nicht in stufenweiser Entfaltung brächte, sondern, wie Minerva,

gleich vollkommen gepanzert aus dem Haupte des Kronion entspränge. Und er ist

gekommen, ein junges Blut, an dessenWiege Grazien und HeldenWache hielten. Er

heißt Johannes Brahms (…). Am Clavier sitzend, fing er an wunderbare Regionen

zu enthüllen. Wir wurden in immer zauberischere Kreise hineingezogen. Dazu kam

ein ganz geniales Spiel, das aus dem Clavier ein Orchester von wehklagenden und

lautjubelnden Stimmen machte. Es waren Sonaten, mehr verschleierte Symphonien,

– Lieder, deren Poesie man, ohne die Worte zu kennen, verstehen würde, obwohl

eine tiefe Gesangsmelodie sich durch alle hindurchzieht, – einzelne Clavierstücke,

theilweise dämonischer Natur von der anmuthigsten Form, – dann Sonaten für

Violine und Clavier, – Quartette für Saiteninstrumente, – und jedes so abweichend

vom andern, daß sie jedes verschiedenen Quellen zu entströmen schienen. Und

dann schien es, als (…) vereinigte er, als Strom dahinbrausend, alle wie zu einem

Wasserfall, über die hinunterstürzendenWogen den friedlichen Regenbogen tragend

und amUfer von Schmetterlingen umspielt und von Nachtigallenstimmen begleitet.