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116 BRAHMS_DAS GESAMTWERK FÜR KLAVIER

Wenn sich auch das Gesamtwerk einer strengen Einteilung entzieht (es

kennt keine ganz klaren Schlüsselwerke, wie man sie zum Beispiel bei

Beethoven findet), so kann das Werk für Klavier klarer umrissen werden:

Erst die Jugendjahre (die die Werke vom

Scherzo

bis zu den

Balladen

umfassen – „Jugendjahre“, die nur aufgrund von Brahms‘ damaligem Alter

als solche zu bezeichnen sind, nicht jedoch – wie wir gesehen haben –

aufgrund einer etwaigen Unreife im Schreiben), dann die technische Phase

(die die Gesamtheit aller großen Variationen abdeckt) und danach die

letzten Werke in zwei getrennten Phasen, die beide zeitlich sehr eng sind

und die die letzte Schaffensphase darstellen, die von kontemplativer Natur

ist: dreißig Stücke, die nicht mehr den klassischen Formen der Sonate oder

der Variation zuzurechnen sind, welche (abgesehen von den

Balladen

) bis

dahin zum Einsatz kamen, sondern Stücke, die eher dem romantischen

Genre zugehören.

An die zehn Jahre nach der Veröffentlichung der

Ungarischen Tänze

(und

nach der Komposition seiner ersten zwei Sinfonien) schreibt Brahms im

Sommer 1878 Hanslick:

Hier treiben überall so viele Melodien herum, dass man

aufpassen muss, nicht draufzutreten

. In diesem Sommer voller Melodien,

der auch der Sommer des

Violinkonzerts

ist, ein zugleich rau und zärtlich

beseelter Sommer – etwas, was für Brahms so charakteristisch ist, in

diesem Sommer knüpft der Komponist wieder an sein Instrument an.