

FLORIAN NOACK 55
In Ihrem Bestreben, die Volksmusik zu ergründen, haben Sie sogar die
Tarantella
des Italieners Martucci aufgenommen…
Gleich zu Beginn der Ausarbeitung des Programms war eins klar: Ich hatte wirklich
Lust, einewildeTarantellaaufzunehmen, undwennmöglich, die eines italienischen
Komponisten.
Es gibt bereits zwei überaus verschiedene Versionen dieses Stücks mit so
interessanten Themen: eine für Klavier solo und eine für Orchester. Ich weiß nicht,
welche zuerst geschrieben wurde, aber fand die Orchesterversion farbenfroher,
zügelloser, aufgeschlossener als die Klavierversion, die letztendlich recht artig ist.
So schrieb ich eine Klavierversion nach demOrchestervorbild.
Ihr Konzert schließt mit zwei Stücken von Komitas, dem „armenischen
Bartók“.
Ich wurde durch meine Frau, die armenische Pianistin ist, auf Komitas
aufmerksam. Die beidenTänze bedienen sich verschiedener Modi: Einer verwendet
die übermäßige Sekunde, eine Art „harmonische Würze“, welche sofort an den
Orient erinnert, während der andere den äolischen Modus nutzt (eine Molltonart,
die durch den fehlenden Leitton noch nostalgischer wirkt, trotz Angabe „Giocoso
e con tenerezza“). Die Schreibweise dieser Stücke ist nahezu asketisch und zudem
extrempräzise in ihrer Notierung. Fast jede Note besitzt eineAngabe zu Charakter,
Artikulation oder Nuance. Ich finde, diese Musik hat eine versonnene Art. Gewiss
sind es Tänze, aber mit ein wenig Abstand betrachtet...