Background Image
Previous Page  75 / 132 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 75 / 132 Next Page
Page Background

75

Es ist ein Palais mit einer Seele, dessen Quintessenz sich vielleicht im Salle

byzantine mit verwirrendem Charme findet. Im Übrigen fand hier damals

eine Vorpremiere von Faurés Requiem statt. Dutzende Jahre wurde der

Saal nicht genutzt. Die Bühne war zugemauert worden, bis Bauarbeiten

stattfanden und er 2011, nämlich amVortagmeines Auftritts imRahmen der

Gesamtausgabe, erneut die Türen öffnete. Großes Glück. Ebenso wie jenes,

von La Dolce Volta unterstützt zu werden und den Tontechniker François

Eckert getroffen zu haben, der keinen Augenblick zögerte, mich auf diesem

völlig exzentrischen Abenteuer zu begleiten.

Als ich mit der Gesamtausgabe begann, beherrschte ich 65 % der Stücke.

Die

Vier Märsche

, die

Albumblätter

, die Fugen und die Fughetten sind selten

Teil des Pianistenrepertoires. Manchmal zu recht, besonders was die

schwer zugänglichen Fugen angeht. Aber die Fughetten sind unglaublich

charmant! Ganz zu schweigen von den Stücken op. 32. Die

Intermezzi

oder

die

Impromptus über eine Romanze von ClaraWieck

sind ebenso außerordentlich

wie sie selten gespielt werden. Besonders die

Impromptus

erinnern stark an

Bachs Polyphonie. Schumanns Musik kann nahezu theoretisch und vom

Instrument entkoppelt sein. Zuweilen kann man von einer Implosion des

Geistes sprechen. Von einem Fluss, der Dämme überschwemmt, welche nie

starkgenug sind. Ein solches Projekt verlangt eineübermäßige Liebe für seine

Musik. Ich verdanke es meiner idealistischen Veranlagung... Übrigens reizte

mich früher einmal die Philosophie. Ich schloss mein Studium 1991 ab, in den

letzten zähen Jahren von Ceaușescus Herrschaft. Materialismus, Marxismus

war die einzig tolerierte Haltung. Ich hingegen neigte eher zu Plato und

George Berkeley. Höchst umstürzlerische Philosophen! Subjektivismus und

Idealismus wurden nur erwähnt, um kritisiert und vernichtet zu werden.

DANA CIOCARLIE