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Es ist ein Palais mit einer Seele, dessen Quintessenz sich vielleicht im Salle
byzantine mit verwirrendem Charme findet. Im Übrigen fand hier damals
eine Vorpremiere von Faurés Requiem statt. Dutzende Jahre wurde der
Saal nicht genutzt. Die Bühne war zugemauert worden, bis Bauarbeiten
stattfanden und er 2011, nämlich amVortagmeines Auftritts imRahmen der
Gesamtausgabe, erneut die Türen öffnete. Großes Glück. Ebenso wie jenes,
von La Dolce Volta unterstützt zu werden und den Tontechniker François
Eckert getroffen zu haben, der keinen Augenblick zögerte, mich auf diesem
völlig exzentrischen Abenteuer zu begleiten.
Als ich mit der Gesamtausgabe begann, beherrschte ich 65 % der Stücke.
Die
Vier Märsche
, die
Albumblätter
, die Fugen und die Fughetten sind selten
Teil des Pianistenrepertoires. Manchmal zu recht, besonders was die
schwer zugänglichen Fugen angeht. Aber die Fughetten sind unglaublich
charmant! Ganz zu schweigen von den Stücken op. 32. Die
Intermezzi
oder
die
Impromptus über eine Romanze von ClaraWieck
sind ebenso außerordentlich
wie sie selten gespielt werden. Besonders die
Impromptus
erinnern stark an
Bachs Polyphonie. Schumanns Musik kann nahezu theoretisch und vom
Instrument entkoppelt sein. Zuweilen kann man von einer Implosion des
Geistes sprechen. Von einem Fluss, der Dämme überschwemmt, welche nie
starkgenug sind. Ein solches Projekt verlangt eineübermäßige Liebe für seine
Musik. Ich verdanke es meiner idealistischen Veranlagung... Übrigens reizte
mich früher einmal die Philosophie. Ich schloss mein Studium 1991 ab, in den
letzten zähen Jahren von Ceaușescus Herrschaft. Materialismus, Marxismus
war die einzig tolerierte Haltung. Ich hingegen neigte eher zu Plato und
George Berkeley. Höchst umstürzlerische Philosophen! Subjektivismus und
Idealismus wurden nur erwähnt, um kritisiert und vernichtet zu werden.
DANA CIOCARLIE