

Die äußerst große musikalische Sensibilität Menahem Presslers liefert also eine
Antwort auf musikwissenschaftliche Fragen: Die
Sonate in A
wäre demnach im
Zugeoder imDunstkreis vonMozartsOper
Die Entführung aus demSerail
komponiert
worden, der ersten Oper, an der Mozart zwischen 1781 und 1782 arbeitet, als er sich
inWien niederlässt. Dort wird sie mit großem Erfolg aufgeführt, und es kommt zu
zahlreichen Wiederaufnahmen. Mozart ist glücklich, und endlich ist er frei, hat er
es doch gerade fortgeschafft von der tödlichen Bevormundung in Salzburg. Er hat
nun keinen Herrn mehr, dem er unterwürfig gehorchen muss. Am 4. August 1782
heiratet er ConstanzeWeber, und ihr erstes Kind kommt am 17. Juni 1783 zurWelt.
Vom Nimbus des Erfolgs umgeben verbringt er den Folgesommer in Salzburg, um
seinem Vater sowie seiner Schwester seine junge Gattin vorzustellen. Und dort
findet er, für den
Türkischen Marsch
, zurück zum Akzent der Janitscharenmärsche
und zu dem der Ouvertüre seiner Oper: die blitzschnellen Wechsel zwischen
Dur- und Molltonarten, die gedrängten, kurzen Notenwerte in perkussiven
Appogiaturen, die Wiederholungsfloskeln, die um sich selbst kreisen, die immer
gleichen Begleitmuster, ein farbenreiches Klavier, das durchdringende, hohe
Piccolotöne mit Triangel und protzigen Zimbeln zu mischen scheint... Das ganze
Repertoire des „Türkenhaften“ wird da ‚zusammengetrommelt‘, diese ganze
zugleich heiterewie auch beunruhigende Sprache, denn das Heer der Janitscharen,
das mehrmals vor den TorenWiens stand, kündigte sich durch seine Musik an, die
man schon von weither hören konnte.
Der Türkische Marsch
trägt also in seinem
Inneren zugleich große Klangfreude und den erstaunten Ausdruck des Entsetzens,
bedingt durch die drohende Gefahr: das eine schlägt sich in der Verspieltheit nieder,
das andere in den unaufhörlichenWiederholungen.
MENAHEM PRESSLER 57