

MOZART_QUATUOR TALICH
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extreme Nüchternheit desWerks beleuchten in den kleinsten Einzelheiten seine
Komplexität, ohne dabei eine typisch Mozartsche Klarheit und Transparenz
zu opfern - abgesehen vom Adagio des ersten Satzes, auf den der Beiname
„Dissonanzen-Quartett“ zurückzuführen ist. Der Lichtschein, der diese so
melancholische und schmerzhafte Eröffnung umgibt, ist wohl alsAusforschung
der Vergangenheit gemeint. Im folgenden Satz scheint alles aufzuleuchten. Mit
demAndante cantabile erneuert sich der Kampf von Schatten und Licht in Form
eines ergreifenden Gebrummes, das einem sanften Murmeln entgegengestellt
wird.DieFinsternisdes Finalesweicht unvorhersehbar demNahenvonSanftheit
und Licht,mit denendieser dem „sehr teuerenFreund“ gewidmeter Zyklus endet.
Das Streichquartett
Nr. 20 in D-Dur („Hoffmeister-Quartett“, KV 499)
ist zusammen
mit dem allerersten, KV 80, das einzige, das nicht zu einem Zyklus gehört. Es
ist zwischen den sechs Haydn gewidmeten und den „Preußischen“ Quartetts
einzuordnen. Mozart hat gerade
Die Hochzeit des Figaro
abgeschlossen, in einer
Zeit,dievoneinemstrahlendenSommerundeinemzeitweiligenAbklingenseiner
existenziellenProblemebegünstigtwar.DasAllegrettotrittmiteinemeinfachen,
entschlossenen Thema auf; es handelt sich um einen entschiedenen, fast
martialischenVormarsch. DasMenuetto übernimmt denselben entschlossenen
Ton, weit entfernt von der üblichen Anmut eines Menuetts. Darauf folgt ein
grandioses, gelassenes Adagio, das an die Stimmung der
Jupiter-Symphonie
denken lässt. Diese leidenschaftliche Stimmung findet sich im abschließenden
Allegro, das als wahrhaftes Perpetuum mobile eine Bewegung nach vorne zur
Austreibung der Krise in denRaumstellt.