

Was meinen Sie mit „Bereitschaft“?
Ich will damit sagen, dass die Bereitschaft zur Anspannung minimal sein muss. Gerade soviel
wie nötig. Man muss jede Härte, jeden zu schnellen Anschlag vermeiden und die Tasten
weniger schnell berühren. Mann muss ein Gespür für die Vokalität und die Klangfarbe haben
und die Opern von Mozart kennen. Die Partitur offenbart die Kommata, die Ausrufe- und
Fragezeichen. Die richtige Interpunktion muss jeder selbst herausfinden. Bei Mozart nimmt
das Frage und Antwortspiel kein Ende, und das macht die Ausführung seiner Werke so
schwierig. Man erwirbt diese Parameter erst mit einer gewissen Reife.Wer Mozart gut spielt,
kann gelassen an die Sonaten von Beethoven herangehen. Das ist wichtiger, als dieMusik von
Haydn zu kennen.
In welchem Alter haben Sie Mozarts Musik entdeckt?
Inmeiner Kindheit inNeapel habe ich Scarlatti und aus demAlbum für die Jugend von Schumann
gespielt, aber danach kam Mozart. Ich habe mich danach gesehnt, Mozart zu spielen, denn
mein Klavierlehrer wollte mir seine Musik vor meinem 13. Lebensjahr nicht vorlegen. Als es
dann soweit war, hatte ich schon ein wenig Erfahrung als Interpret.
Welchen Typ Instrument bevorzugen Sie?
Ich erwarte von einem Klavier, dass es weich ist und die Tasten schnell zurückfedern, aber
auch, dass es einen gewissen Widerstand bietet. Sie haben sicher schon verstanden, dass
ich kein Instrument „für eine Sehnenscheidenentzündung“ suche. Ich bin ganz entschieden
gegen diese Steinways, die mehr mit einer Rheumabehandlung zu tun haben als mit einem
Klavier. Das ideale Instrument ist für mich heute ein Bechstein. Diese Marke kannte ich schon
in meiner Kindheit.
Sind Sie genauso anspruchsvoll, was die Ausgaben von Partituren angeht?
Mit besonderem Misstrauen erfüllen mich überarbeitete Ausgaben. Ich denke, dass sie den
Komponisten manchmal falsch wiedergeben. Ich arbeite vor allem mit den Ausgaben im
ALDO CICCOLINI
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