

PHILIPPE CASSARD 63
ZumAbschluss dieses Programms hat Philippe Cassard drei
Nocturnes
gewählt:
Die
Nocturne Nr. 2
H-Dur op. 33 (1881) beginnt
cantando
wie ein Lied ohne Worte,
äußerst nonchalant, bald unterbrochen von einer prächtigen Toccata in h-Moll,
die große Virtuosität verlangt. Darauf folgt eine fantastische lyrische Phrase (
dolce
espressivo
), die mit einem Glockengeläut endet, welches das ursprüngliche Lied
wieder einführt, während die Toccata kurz erneut auftaucht und dann besänftigt
schließt (
ppp
).
Die
Nocturne Nr. 4
Es-Dur op. 36 (1884) hat den ganzenCharme des jungen Fauré und
verflechtet mit vorgespiegelter Nonchalance ein singendes Thema, das bald von
wechselnden Glocken durchbrochen wird (es-Moll), gefolgt von einer hübschen
cantando
Episode mit Lyrik in höchster Form (Ges,
fortissimo
). Dann kommt das
Ganzemit der Rückkehr der beiden erstenMotive dieses unwiderstehlichen Stücks
zur Ruhe.
Die
Nocturne Nr. 11
fis-Moll op. 104 (1913) gehört zu den genialsten Stücken des reifen
Fauré: Der Charme seiner früheren Werke weicht hier einer Musik mit subtiler
Polyphonie und vollkommener Dissonanz. Der Dialog der beidenHände überlagert
einem Totenglockenmotiv mit der linken Hand eine Zeile kleiner Sekunden, die zu
einer zweiten Episode führt (
cantando
). DieWiederholung der anfänglichenMotive
(
ff
) erreicht ihre größte Ausdrucksstärke und geht in eine spiegelnde und beruhigte
Coda über. Die Trauerinspiration dieses Stücks – eines der schönsten und kühnsten
Faurés, wird in seiner Widmung erklärt: „in Andenken an Noémi Lalo“, Frau des
Kritikers Pierre Lalo, Sohn des Komponisten und einer der treuen Anhänger des
großen Künstlers namens Gabriel Fauré.