

Adagio und Fuge in c-Moll KV546
„Endlich lerne ich etwas!“ soll Mozart gerufen habe, als er bei seinem Freund und
Förderer, demBaron Gottfried von Swieten, verschiedene Manuskripte von Johann
Sebastian Bach (1685-1750) und Georg Friedrich Händel (1685-1759) entdeckte.
Es ist in der Bibliothek des Barons, wo er sich über zwei Jahre hinweg und fast
gegenläufig zur Wiener Mode seiner Zeit, mit dem kompliziertesten Kontrapunkt
vertraut macht. Er überträgt vor allemmehrere von Bachs Fugen.
Die, die wir hier hören, wurde 1783 komponiert, und zwar ursprünglich für zwei
Klaviaturen. Im Juni 1788 fertigt Mozart eine Version für Streicher an, der er, als
Einleitung, das
Adagio
voranstellt.
Das
Adagio
lässt an den Anfang von Händels
Messias
denken, dessen Aufführung
Mozart dirigierte. Diese kurze Einleitung von ungefähr fünfzig Takten scheint
erstaunlich frei in ihrem Einfallsreichtum, wie eine Art frühromantischer
Improvisation. Der Kontrast zur sich – in den Klangfarben des Cellos –
anschließenden Fuge ist erstaunlich. Auch die
Fuge
ruft auf ihre Art die Erinnerung
an Händels Messias wach. Ist das nicht der Chor
And with His stripes we are healed
?
Was Bachs Einfluss betrifft, so scheint dieser noch bedeutender zu sein. Man muss
sich Mozart vorstellen, wie er gerade das Manuskript des
Musikalischen Opfers
entdeckt. Das Thema der Fuge, die wir hören – ebenfalls in c-Moll – ist jenem
Thema erstaunlich nah, das Frederick II. von Preußen am 7. Mai 1747 seinem Gast
vorschlug.
In diesem
Adagio und Fuge
erweist Mozart nicht nur allen seinen berühmten
Vorgängern die Ehre, sondern er erforscht auch eine Welt, in der er sich keinerlei
harmonische Kühnheit untersagt.
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