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TALICH QUARTETT

Das

Quartett Nr. 8 in c-Moll op. 110

setzt sich aus fünf, direkt

aneinander anschließenden Sätzen zusammen, die auf

verschiedene Weise dieselbe makabere Erfahrung schildern.

Der erste Satz (

Largo)

lässt sofort das Monogramm des Komponisten erklingen,

der diese „Signatur“ bereits in der

Sinfonie Nr. 10

benutzt hatte. Dieses Motiv wird in

den zwei folgenden Sätzen mit Nachdruck wieder erscheinen, und dann auch im

Schlusssatz, jedoch wie versteckt.

Der zweite Satz (

Allegro molto

) ist stürmisch, unbändig und wild. Die zwei Geigen

schreienhier das jüdischeThema des

Trios

hinaus – die erschreckende Zeugenschaft

zerstörter Leben, mit denen sich Schostakowitsch stets identifizierte.

Der dritte Satz (

Allegretto

) ist ein teuflischer Walzer, der sich hartnäckig um das

Hauptthema des Komponisten dreht, bevor er sich in niedergeschlagener Stille

verliert: Ein wahrer Totentanz.

Der vierte Satz (

Largo

) beginnt mit drei furchteinflößenden Akkorden. Da hinein

mischen sich dann der weiter oben zitierte Gesang der Deportierten und ein

Ausschnitt aus der verbotenen Oper

Lady Macbeth

, die dem Komponisten

öffentliche Ungnade und Demütigung eingebracht hatte.

Das Quartett endet mit einem Satz, der dem ersten

Largo

nahe steht: Eine Fuge,

die ein Werk beschließt, dessen formeller Aspekt jedoch angesichts seiner puren

emotionalen Kraft absolut zweitrangig ist.

* Zitiert in: Krzysztof Meyer,

Chostakovitch

(Fayard, 1994)

**

Lettres à un ami, correspondance avec Isaac Glikman

(Albin Michel, 1994)