

TALICH QUARTETT 23
Das
Quintett in g-Moll op. 57
hat fünf Sätze, doch birgt es eine sehr ausgewogene
dreiteilige Struktur. Die ersten zwei direkt aneinander anschließenden Sätze fungieren
als Präludium und Fuge. Es folgt ein
Scherzo
, und dann kommen wieder zwei direkt
aneinander anschließenden Sätze, als
Intermezzo
und Schluss. Diese Formstrenge ist
dem Gefühl von Pracht, das von dem
Quintett
ausgeht, zweifellos nicht fremd. Das
Quintett
entfaltet sich zwischen einem gewollten Neo-Klassizismus, einem geschickt
konstruierten dramatischen Aufbau und einer starken Poesie.
Das Werk beginnt mit einer groß angelegten Melodie auf dem Klavier. Der zentrale,
leichtere Abschnitt des
Präludiums
erlaubt es dann, mit noch größerer Intensität
zur Ausgangsstimmung zurückzukehren. Es folgt eine Fuge, die auf einem von
volkstümlicher Kultur inspirierten Thema gründet – dieser Satz ist weit davon
entfernt, eine schlichte Stilübung zu sein, vielmehr versucht er, dem Traum Glinkas,
dem „Vater der russischen Musik“, gerecht zu werden, der sich „die Verbindung von
russischem Volksgesang und westlichem Kontrapunkt“ wünschte. Die Intensität
dieses ergreifenden
Adagios
steigert sich dann nochmal mit jedem Klaviereinsatz.
Was folgt ist ein schonungsloser Stimmungsbruch durch das
Scherzo
. Der Ton ist mit
einem Mal sarkastisch und paradox und lässt eine Melodie am Klavier erklingen, die
absichtlich trivial und eindringlich zugleich ist, während die Streicher ein besonders
hartnäckiges Thema spielen. Ein Spanisch anmutender Abschnitt führt zu einer
stolzen Wieder-Einführung des zwanghaften Themas und verstärkt so in diesem
zentralen Teil des
Quintetts
die in ihm angelegte Spiegelung.
Obwohl das Werk in seiner sparsamen und durchweg sehr leserlichen Setzung den
Experimenten des jungen Schostakowitsch den Rücken kehrt, findet sich im
Scherzo
erneut der ikonoklastische Geist der ersten Ballette des Komponisten wieder. Mit dem
Intermezzo
erfolgt dann die Rückkehr zu einer meditativeren Stimmung, wo – wie es
Sergei Prokofjew* etwas hinterlistig ausdrückte – der „Händel“-Bass von einer unendlich
währenden Melodie von großer Traurigkeit getragen wird. Der
Schluss
greift ganz
klassisch das Thema des Präludiums wieder auf und verquickt es mit denen des
Scherzo
,
das heißt, er bietet ein Resümee in Formeiner geradezu fröhlichenVersöhnung.