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TALICH QUARTETT
Die zwei Themen, die auf der pentatonische Tonleiter entwickelt werden (das
zweite Thema wird von der Geige lanciert) lassen anVolkslieder denken. Sie stehen
in starkemKontrast zueinander; dieserwird jedoch durch den Fluss und die Eleganz
der Komposition gemeistert. Und so ziehen vor unseren Augen Landschaften
vorüber, wahrscheinlich jene Landschaften, die Dvo ák zu schätzen lernte, als er in
Begleitung seiner tschechischen Landsleute auf dem Land in Iowa spazieren ging.
Das dann folgende
Lento
gründet auf einer Kantilene, die sich in Variationen
entfaltet. Der Bogen der ersten Geige lässt die Klangfarben entstehen. Bei diesem
geheimnisvollen Ritt, der dem tschechischen Wiegenlied näher steht als den
Rhythmen des kleinen Städtchens in Iowa, ist er es – der Bogen –, der die Zügel
hält.
Der dritte Satz,
Molto vivace
, vermengt, in einer Zeitspanne von gerade mal vier
Minuten, einen Volkstanz und ein Gebet miteinander, wobei das Gebet in der
ersten Geige vom berühmten Piepsen der roten Tangare unterbrochen wird. Der
Hörer hat das Gefühl von einem Bild voller hier und dort aufgelesener Eindrücke.
Es ist wie die Kohlezeichnungsskizze einer sehr spannenden Welt, selbst wenn in
ihren Tiefen Schwermut schlummert.
Der Schluss, den die erste Geige los tritt, ist – was seine Klangfarben betrifft –
zugleich zart und leuchtend gehalten. Nur in der Mitte des Satzes tauchen ein paar
religiöseElementeauf.DieSchönheitunddiehumanistischeDimensionderPartitur
entledigen sich aller existentiellen Ängste, um nur noch die Eigenständigkeit der
musikalischen Sprache zu bewahren.
Das
Quartett
wurde am 1. Januar 1894 vom Kneisel Quartett uraufgeführt.