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DANA CIOCARLIE

Im Laufe der Konzerte dieser Gesamtausgabe habe ich mir seinen

besessenen, nahezu hypnotischen Rhythmus zu eigen gemacht, seine

Fähigkeit, den Affekt sehr schnell zu wechseln, so der Übergang von einer

extremen Zärtlichkeit zu einem wilden Gemütszustand, seine Art, mehrere

innere Stimmen wie auf einer Schatzsuche zu verflechten, sich wie in

Hitchcock-Filmen selbst zu zitieren. Seine Musik kann man intellektuell

verstehen und am Schreibtisch analysieren, aber im Konzert muss man sie

gedankenlos spielen, sich in einen tranceartigen Zustand fallen lassen. Man

darf keine Angst haben, sich übermannen zu lassen, sei es von der Inbrunst

oder der Träumerei.

Schumann spielen heißt, seine Stimmen mit der eigenen fragen zu lassen:

„Warum?“ Diese Musik, die flüstert: „Sind wir?“ (Michel Schneider in

La tombée

du jour

). Das Klavier ist der Vertraute, der die intimsten Gedanken des

Komponisten in sich trägt. „Was mir die Menschen nicht geben können, gibt

mir die Tonkunst, und alle hohen Gefühle, die ich nicht aussprechen kann,

sagt mir der Flügel.“ (Brief von Schumann, 1828)

Dana Ciocarlie

P.S.: Ich habe entschieden, nur die Klavierwerke zu spielen und absichtlich jene für

Pedalklaviere außen vor gelassen (ein Instrument zwischen dem Klavier und der Orgel,

von dem es einige Exemplare in Museen gibt). Da ich über kein geeignetes Instrument

verfüge, hätte ich folglich Bearbeitungen spielen müssen. Obwohl es sehr schöne gibt

(besonders dank Claude Debussy), gehen diese meiner Meinung nach über Schumann

hinaus.