

22 MENDELSSOHN
ErstMittedersechzigerJahrebrachtenostdeutscheVerlage,undinsbesondere
der
Deutsche Verlag für Musik
, einen allgemeinen Werkkatalog zu Felix
Mendelssohn Bartholdy heraus. Im Zuge dieses Großprojekts wurden dann
auch andere deutsche Verleger aktiv. Dann kam dieWiedervereinigung, und
sie verwischte die Motive der jeweiligen Verleger. Mit dem wiedervereinten
Deutschland konnte die Erinnerung an Mendelssohn Bartholdy sich endlich
von dem vorherrschenden und viel zu vereinfachenden Bild des „Leipziger
Komponisten“ (womit ehemals DDR-Komponist gemeint war) lösen.
Mendelssohns Kammermusik und sein Werk im Allgemeinen werden heute
noch unterschätzt. Wir wollen hier nicht im Detail auf die verheerende Wirkung
eingehen, die durch Richard Wagners Verurteilung seiner Musik entstanden war
– eine In-Bausch-und-Bogen-Aburteilung, die nichts mit ‚hehren‘ musikalischen
Belangen zu tun hatte … Das Deutschland des Dritten Reiches ging dann sogar
soweit, dass es imZuge der Übernahme derVerurteilung durchWagner denNamen
Mendelssohns aus den Lexika der damaligen Zeit tilgte.
Es sei außerdem noch angemerkt, dass Mendelssohn selbst auch nicht gerade
der beste Wegbereiter seines Werkes war. Seine persönliche Klassifizierung von
72 seiner Kompositionen, die er für würdig befand, der Nachwelt übermacht zu
werden, spart einige Partituren aus, die wir heute als sehr schön empfinden.