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GEOFFROY COUTEAU ∙ ORCHESTRE NATIONAL DE METZ 39 Zu den Gründen, die Brahms zu einer solchen Bearbeitung bewegten, schrieb er an Clara: „Ich würde glauben, dir lange nichts so Amüsantes geschickt zu haben, wie heute – wenn deine Finger das Vergnügen aushalten! […] Hat man nun keinen größten Geiger bei sich, so ist es wohl der schönste Genuss, sie sich einfach im Geist tönen zu lassen. Aber das Stück reizt, auf alle Weise sich damit zu beschäftigen. Man will Musik auch nicht immer bloß in der Luft klingen hören, Joachim ist nicht oft da, man versucht’s so und so. Was ich aber nehme, Orchester oder Klavier – mir wird der Genuss immer verdorben. Nur auf eine Weise finde ich, schaffe ich mir einen, sehr verkleinerten, aber annähernden und ganz reinen Genuss des Werkes – wenn ich es mit der linken Hand allein spiele! […] Die ähnliche Schwierigkeit, die Art der Technik, das Arpeggieren, alles kommt zusammen mich wie ein Geiger zu fühlen!“ Indem er sich so im Geiste mit Bach verband, konnte Brahms mit dieser Bearbeitung seine engsten Freunde, Joseph Joachim und Clara Schumann, „in sich“ vereinen. Die Treue und Reinheit, die Brahms Bachs Text entgegenbrachte, sind nur mit der Tiefe dieser Musik und der von ihr ausgehenden spirituellen Inbrunst gleichzusetzen – die auch sein gesamtes Werk durchdringen.

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