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42 BEETHOVEN_„GEISTER-TRIO“ & „ERZHERZOG-TRIO“ Rührt die Idee eines starren Komponisten vom Ruf, den man ihm im Musikunterricht verpasst? David Grimal: Um die „Beethoven-Maschine“ und Beethoven als „Rhythmiker“ gibt es eine ganze Ideologie. Die Ästhetik eines vertikalen und architekturalen Beethovens wurde vor allem von den Streichquartetten verbreitet, und besonders von Walter Levin, Gründer und erste Geige des LaSalle-Quartetts, der großer Kammermusiklehrer war und so ziemlich alle modernen Quartette ausgebildet hat. Walter Levin verteidigte eine sehr starke Ideologie, jene, die Beethoven mit der Erfindung des Metronoms verband – die Idee einer Motorik dieser Musik. Der Ansatz wurde dann von Liebhabern historischer Instrumente und der historischen Aufführungspraxis übernommen und verschärft: Sie begannen, Beethovens Sinfonien sehr rhythmisch, manchmal fast wie Techno zu spielen. Diese Tendenz zeigt sich noch heute bei vielen Orchestern, mit denen ich zusammenarbeite, der motorische Reflex, der Einsatz von Kraft. Ich muss ihnen jedes Mal sagen: „Beethoven kam nach Haydn, nicht nach Karajan.“ Ich sehe darin die Überbleibsel einer Art Propaganda rund um seine Musik, die mit der Vorstellung des „Übermenschen“ einhergeht.

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