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ADRIEN LA MARCA 45 Können Bratschisten besonders gut zuhören? Wir sind es gewohnt, jene Instrumente zu nähren, die mehr hervorstechen. Wir spielen viel Kammermusik, so will es das Instrument. Melodien sind seltener als Harmonien und Gegenmelodien, da wir nie oder vereinzelt die Hauptmelodie haben… Daher denke ich, dass sich Bratschisten der von anderen gespielten Teile sehr bewusst sind. Das ist zweifelsohne ein wahrhaftiger Mehrwert bei der Darbietung eines Konzerts … Der Bratschist spielt die Hauptrolle, aber wertet auf und erlebt nahezu gleichzeitig, was dahinter geschieht. Ich wende mich übrigens sehr gern dem Orchester zu und trete direkt in Dialog mit einer Stimmgruppe oder einem Solisten. Ich bin der festen Überzeugung, dass man ein Konzert wie Kammermusik in groß spielt. Und das war besonders einfach mit dem Orchestre Philharmonique Royal de Liège und Christian Arming, zu denen ich Vertrauen aufgebaut habe. Also eine von Offenheit geprägte Aufnahme, die Ihnen ähnelt. Das denke ich. Wenn man sich selbst treu ist, spricht man die Wahrheit. Dank meiner Residenz in Lüttich konnte ich Kammermusik mit einigen Musikern des Orchesters praktizieren, und das hat enge Bande geknüpft. Eine überaus seltene Chemie. Die Musik klingt anders, wenn man die Leute persönlich und innig kennt. Sie wird zu einer Geschichte. Letztendlich ist dieses Album eine Postkarte meiner Residenz mit dem Orchester. Ginge ich morgen erneut ins Studio, wäre es wieder anders. Jedes Treffen, jedes Konzert, jede Platte entwickeln, stärken und verschönern das Aufgebaute. Und es endet nie. Das ist die unsägliche Schönheit dieses Berufs.

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