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WILHEM LATCHOUMIA 65 Wie weit geht das? Während die Schlichtheit die überaus sarkastische und ironische Dimension bestimmter Passagenunterstreicht, bereichert dasKomplexedieAbsicht erheblich. Ich komme auf die Passage Amoroso im Opus 102 zurück. In diesem Stück stelle ich fest, dass die Schreibweise des Orchesters maßvoller ist, als die des Klaviers! Beim Klavier fügte Prokofjew Formeln hinzu, die ich als „gequält“ bezeichnen würde. Sie verdichten die Lyrik und die Melodie gewollt. Es handelt sich also um eine vorgespiegelte Einfachheit, und der Komponist, ein Melodiegenie, bietet uns geradezu unsingbare Stücke! Prokofjew bediente sich der Transkriptionskunst, die im 19. Jahrhundert hochgeschätzt war, insbesondere von Franz Liszt, und schuf mehrere Klavier- Arrangements seiner eigenen Werke. Anschließend schrieben Interpreten seiner Musik ihre Transkriptionen seiner Partituren. So schön diese Produktionen auch sein mögen, wie Prokofjew klingen sie imAllgemeinen nicht. Sie wirken in der Tat oft zu pianistisch, wohingegen die Kunst des Komponisten unvorhersehbar bleibt und das Klavier vergessen lässt.

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