27 FLORIAN NOACK In Paris wackelt man mit Bananenröckchen oder schwingt schamlos die Hüfte; tanzende junge Frauen singen sich die Seele aus dem Leib und setzen die dank der Maschinen gewonnene Energie frei: „Sieg!“, schreien die Hausfrauen. Der Toaster hält Einzug in der Küche, die ersten Waschmaschinen laufen auf Hochtouren. Der Kühlschrank ist nicht mehr weit. Fernab der Elite versammelt man sich in Spelunken ums Radio, eingestellt auf Radio Tour Eiffel oder Radiola. Daraus ertönen Stimmen für jedermann: Mistinguett, Maurice Chevalier. Sie malen ein Bild von Paris für die ganze Welt. Stimmen für alle, die knisternd singen: Dans la vie, faut pas s’en faire; Paris sera toujours Paris. (zu Dt.: Im Leben sollte man sich nicht sorgen; Paris wird immer Paris bleiben.) Die Platten drehen sich schnell: 78 Umdrehungen pro Minute. Ein einziges Lied pro Seite. Gerade genug Zeit, um sich ein Glas einzuschenken, bevor man die Schellackscheibe wieder umdrehen muss. Und überall wird getanzt, weil Paris ein Fest ist. Überall wird getrunken, die Welt neu erträumt, Genres werden gemischt, Menschen treffen sich; Künstler suchen La Coupole, La Rotonde und La Closerie des Lilas heim.
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