37 VANESSA WAGNER Tschaikowski und Grieg führen hier das Vermächtnis von Mendelssohns Liedern ohne Worte weiter. Wie sind Sie die scheinbar schlichten oder gar naiven Stücke angegangen, mit denen man derart Tiefsinniges ausdrücken kann? Ich habe auch Stücke aus Mendelssohns Liedern ohne Worte eingespielt, sie jedoch aus Zeitgründen nicht ins Album aufgenommen. Aber die Stimmung der Poesie ohne Worte passt auf jeden Fall. Durch die Kürze der Stücke lassen sich übermäßig sentimentale oder gar schnulzige Ausschweifungen vermeiden. In Griegs Klavierkonzert zum Beispiel kommt man um derartige Ergüsse schwieriger herum. Hier stelle ich mir Landschaften vor, Nordlichter, eine Natur, in der völlige Einsamkeit herrscht. Zudem erinnere ich mich an Griegs Arbeitszimmer in seinem Haus in Norwegen, das ich besucht habe, und die Landschaft drumherum. Ich strebe nichts „Spektakuläres“ oder „Populäres“, sondern einen nostalgischen Klang an. Dennoch laden Stücke wie Hochzeitstag auf Troldhaugen oder bestimmte Jahreszeiten zu einem köstlichen Überschwang ein, der uns auf eine irdische, konkrete, lebendige Ebene holt.
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