LDV78.9
55 MICHEL DALBERTO Trifft diese Feststellung auch auf den Begriff der Wiederholung zu? Absolut. Bei Schubert ist die Wiederholung ein Grundbaustein, ein integraler Bestandteil seines musikalischen Gedankens. Denn der Komponist blickt systematisch zurück. Hören Sie sich seine Winterreise an. Das ist paradox: Schubert sucht den vergangenenMoment, in demer gelitten hat, und interessiert sich dabei inWirklichkeit für sich selbst. Dennoch spricht seine Musik jeden von uns an. Beethoven hingegen blickt selten zurück und denkt immer an Größeres als sich selbst. Tatsächlich scheint der erste Satz der Sonate Pathétique völlig der Zukunft zugewandt, während das Finalrondo bewusst der Vergangenheit zugewandt ist, ein „Atemzug“, der aus verschiedenen, sehr „haydnschen“ Weiterführungen, aber einem mit Beethoven gemischten Haydn, besteht. In seiner Musik nicht alle Wiederholungen zu spielen ist kein Fehler, denn sein Ziel ist letztendlich recht einfach: die ganze Menschheit in einer universellen Sprache anzusprechen.
RkJQdWJsaXNoZXIy NjI2ODEz