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47 PHILIPPE CASSARD & CÉDRIC PESCIA So greift der Schlusssatz der Sonate D959, deren Thema vomAllegretto der Sonate von 1817 stammt (D537), das Schema des Schlusssatzes der Sonate op. 31 Nr. 1 von Beethoven auf. Cédric Pescia weist darauf hin, dass die paar im Kanon gesetzten Noten in der Mitte des Trios vom Allegro vivace der Fantasie D940 einem Motiv der Neunten Sinfonie Beethovens – im Trio des Scherzos – zum Verwechseln ähnlich sind … Der erste Satz der 3. Sinfonie „Eroica“ und der der Klaviersonate Nr. 23 „Appassionata“ haben Schubert bei seinen Lebensstürmen D947 beeinflusst, deren gewaltige, perfekt ausgeführte Dimension, deren motorische Schlagkraft und spektakuläre sinfonische Erweiterung des Klangmaterials wiederumBruckner und Mahler ankündigen. Das Largo der Fantasie erinnert mit seinen punktierten Rhythmen und seinen Trillern an das Maestoso, das die Sonate op. 111 eröffnet. Und ebenso verweist die großartige Fuge, mit der die Fantasie endet, auf die Fugen der letzten Quartette, auf die Sonaten op. 101, 102 Nr.2 (für Cello und Klavier), 106 und 110 sowie auf die Variationen op. 120 von Beethoven. Schubert fügt dem eine Schwärze hinzu und eine unerbittliche Verzweiflung, die bei seinem berühmten Vorgänger nicht gelten. Die Klimata der Winterreise haben dies alles durchlaufen. Aber zu jenem Zeitpunkt seines Komponistenlebens will Schubert dem Beispiel Beethovens folgen, der bei mehreren Werken gleichzeitig an der Substanz ein- undderselben rhythmisch-motivischen Zelleinheit arbeitet und ihr dabei doch jedes Mal ein unterschiedliches Aussehen verleiht. Und wie steht es mit dem kräftigen, skandierten Rhythmus zu Beginn der Sonate D959 von Schubert? Er ist identisch mit dem ansonsten dramatischeren Rhythmus, der am Anfang der Vorgängersonate D958 steht. Derselbe Rhythmus begleitet – pianissimo – die Trauermelodie des Andante sostenuto der Sonate D960, und man findet ihn als Hauptmotiv des Klavierstücks D946 Nr. 1. Alles geht, einigeWochen zuvor, von der aufsehenerregenden linken Hand des Stückes Der Atlas aus, dem ersten der sechs Lieder zu Gedichten von Heine.

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