LDV15

PHILIPPE CASSARD & CÉDRIC PESCIA 45 Einige Tage vor seinem Tod am 19. November knabberte er wie ein Anfänger an einer Übung zur Fuge, die ihmseinKontrapunktlehrer Simon Sechter gestellt hatte! Zehn Monate zuvor war seine erste Januarkomposition von 1828 entstanden, die im Entwurfsstadium geblieben ist. Es war ein Lied zu einem Gedicht von Rellstab, mit demTitel Lebensmut : ein Manifest Schuberts. Ab Sommer 1827 setzte dieser junge Mann von dreißig Jahren (das Alter, in dem Beethoven seine Erste Sinfonie schreibt) in einem nicht abreißenden Strom eine Folge von Meisterwerken frei. Wir wollen hier keine ellenlange Aufzählung betreiben, aber ein paar dieserWerke sollen doch genannt sein. Da sind: Winterreise , die zwei Trios, die Fantasie für Geige und Klavier, die acht Impromptus für Klavier, an die dreißig Lieder , und darunter die vierzehn Lieder D957, die nach seinem Tod unter dem Titel Schwanengesang zusammengefasst wurden. Die Reinschrift der Sinfonie Nr. 9 in C-Dur (größtenteils in den Jahren 1825/26 komponiert) erfolgt im März 1828, gemeinsam mit Auf dem Strom , wo insbesondere das Horn (das in der Sinfonie so präsent ist) Klavier und Stimme beigegeben sind. Es folgt die Große Messe in Es-Dur, deren Bässe imAgnus Dei dem apokalyptischen Doppelgänger des Schwanengesangs , derwährenddes Sommers komponiertwurde, genausowieauch die Klavierstücke D946, als Gerüst dienen werden: Brahms, der die Klavierstücke besonders gerne mochte, veröffentlichte sie dann 1868. Man könnte das Allegro in a-Moll vom Mai (das vom Verleger Diabelli schlicht mit dem Titel Lebensstürme belegt wurde) gut und gerne für den ersten Satz einer groß angelegten Sonate, die dann fallengelassen wurde, halten. Und ist da im Übrigen nicht auch das Rondo in A-Dur, das im Juni entstand: der, wie man meinen könnte, Schlusssatz dieser Sonate?

RkJQdWJsaXNoZXIy OTAwOTQx